Selbstkasteiung
Seit beinahe zwei Jahren war ich mit
Gernot versprochen, wie man früher so sagte. Mit siebzehn hatte ich
ihn bei einer Bibelstunde der Gemeinde kennen gelernt und mich in
ihn auf den ersten Blick verliebt. Nachdem wir schon einige Wochen
miteinander gegangen waren, staunte ich, dass er sich noch immer mit
Küsschen vor der Haustür begnügte. Ich rechnete es ihm allerdings
hoch an. Er hätte bei mir keinen Blumentopf gewinnen können, wenn er
mich zu Sex gedrängt hätte.
Eines Tages kamen wir darauf zu sprechen. In vielen Dingen hatte wir
zuvor schon Übereinstimmung zu Fragen des täglichen Lebens gehabt,
zur Politik und was weiss ich noch. Nun stimmten wir auch noch darin
überein, uns bis zur Hochzeit aufzusparen. Gernot sagte frei heraus,
dass er vor der Hochzeit nicht mit mir schlafen wollte. Das war auch
meine Auffassung, wenn auch nicht so ganz überzeugt wie er. Die
grosse Liebe zu ihm unterdrückte den Zipfel Sehnsucht und Neugier in
mir.
Was mir zu schaffen machte: Alle meine Freundinnen schwärmten
zuweilen von ihrem ersten Mal. Bei der einen war es hinter der
Diskothek an einem Baum geschehen. Ausführlich erzählte sie mir, wie
ihr der Junge schon in der Disko ein heimliches Petting gemacht
hatte. Als sie mit ihm ins Freie ging, da war sie schon wahnsinnig
aufgereizt und ihm sogar behilflich, aus dem Slip zu steigen.
Eine andere hatte ihren Lover ins Haus gelockt, als die Eltern übers
Wochenende verreist waren. Da hatte sie nicht nur ihr erstes Mal
gehabt, sondern gleich ein ganzes Sexwochenende. Der Junge hatte
eine ganze Tasche voll Videos mitgebracht, von denen die Hälfte
Pornos waren. Lange konnten die beiden nicht nur Zuschauer bleiben.
Auf der Couch der Eltern hat er sie zu Eva gemacht und entjungfert.
Bei einer dritten war es während eines Ferienjobs geschehen. In
einer Brauerei hatte sie während der Ferien drei Wochen gearbeitet.
Der junge Braumeister hatte mit ihr eine sehr ausführliche
Betriebsführung gemacht. Bis in die finstersten Ecken des
Lagerkellers hat er sie geführt und dort verführt.
Ich stellte die Ohren bei solchen Schwärmerein gern auf Durchzug.
Ich hatte mich ja entschieden, als Jungfrau in die Ehe zu gehen. Ein
bisschen verstaubt, die Ansicht. Ich weiss.
Als ich achtzehn war, hätte ich meinen Vorsatz beinahe umgeworfen.
Das viele Gerede der Freunde und Verwandten vom Erwachsensein war
schuld daran. Mein Unterleib fühlte plötzlich auch sehr erwachsen.
Von Woche zu Woche fiel es mir schwerer, mich freiwillig zu
kasteien.
Zu dieser Zeit gab es auch eine sehr heikle Situation, bei der es
beinahe passiert wäre. Gernot und ich, wir hatten die halbe Nacht
mit der Meute gefeiert und beide auch ganz schön gebechert. Auf dem
Heimweg ruhten wir uns auf einer versteckten Parkbank aus. Ich sass
auf seinem Schoss, während wir uns heiss küssten. Rein zufällig war
meine Hand über die Beule in seiner Hose gefahren. Er konnte wohl
ein heftiges Zucken nicht unterdrücken. Kess liess ich meine Hand da
liegen und setzte sie behutsam in Bewegung. Sacht befreite er sich
von meiner Hand und aus der Umarmung. Er erinnerte mich an unseren
Vorsatz, vor der Ehe keinen Geschlechtsverkehr zu haben.
"Streicheln ist doch noch kein Geschlechtsverkehr", habe ich
gemault.
Ich konnte überhaupt nicht nachvollziehen, dass ich ihn damit
überforderte. Von mir selbst hatte ich die Erfahrung, dass es
wunderschön ist, die Brüste und zwischen den Beinen zärtlich zu
streicheln. Natürlich kam dabei mitunter der Wunsch nach mehr auf.
Um fünf Ecken herum versuchte ich, unser Versprechen, erst in der
Hochzeitnacht miteinander zu schlafen, aufzuweichen. Obwohl man den
Männern nachsagt, sie sind schwanzgesteuert, von Gernot konnte ich
das nicht behaupten.
Ich bin ehrlich. In diesem Moment verfluchte ich unsere Prinzipien.
Auf der Parkbank war mir so merkwürdig im Leib geworden. Wieder
küssten wir uns heiss und diesmal fuhr seine Hand über meine Brust.
Ein Schauer ging mir durch den Leib. Er musste mein Zittern bemerkt
haben, denn er reagierte sofort mit einem festeren Griff. In meiner
Weinlaune flüsterte ich: "Es ist auch kein Geschlechtsverkehr, wenn
du mit der Hand unter den Pulli fährst."
Das musste ich nicht zweimal sagen. Er schob den Büstenhalter
einfach nach oben und versetzte mich mit seinen Griffen in helle
Aufruhr. Er wollte aber auch noch etwas für die Augen. Ich war
richtig stolz, wie samten meine Schmuckstücke im fahlen Licht des
Vollmondes schimmerten. Sehnsuchtsvoll holte ich mir seinen Kopf
näher, und er schnappte tatsächlich mit den Lippen nach den
funkelnden Knospen.
"Schön?" wisperte er.
Ich drückte zur Antwort seinen Kopf noch fester an mich. Noch einmal
fuhr ich mit der Hand über seine Beule und knurrte: "Fällt es dir
sehr schwer?"
"So kann man es nicht nennen. Sagen wir so: Ich freue mich von Tag
zu Tag mehr auf dich."
Ich war vollkommen durcheinander. Wozu quälten wir uns eigentlich?
Wir leben doch hier und heute, sagte ich mir. Ganz bedächtig
nestelte ich an seiner Gürtelschnalle. Er sperrte sich nicht. Im
Gegenteil. An meinen Brüsten saugte er noch versessener. Endlich
hatte ich sein gutes Stück in der Hand.
In dieser Nacht wäre es wohl geschehen, wäre da nicht eine Horde von
Motorradfahrern gewesen, die immer wieder über den Parkweg preschte,
und uns jedes Mal neugierige Blicke zuwarfen.
Vor meiner Haustür waren wir beide wieder ernüchtert. Ich wurde
abermals mit einem Küsschen verabschiedet.
Lange konnte ich in dieser Nacht nicht einschlafen. In wonnigen
Gedanken war ich splitternackt unter die Bettdecke gekrochen. Meine
Finger tasteten die Knospen, die von seinen Küssen noch ganz steif
waren. Eine Hand ging beinahe automatisch nach unten und streichelte
dort, wo ich so sehr eine Berührung von Gernot ersehnt hatte. Ich
zermarterte mir den Kopf, wie ich mich ihm gegenüber aus meinem
Vorsatz herausschwindeln konnte, meine Jungfernschaft erst in der
Hochzeitsnacht zu opfern.
Es muss Gottes Fügung gewesen sein, dass ich schneller zur Frau
wurde, als ich es erwatet hatte. Meine Eltern hatten einen
Algarveurlaub gebucht. Weil mein Vater ganz kurz zuvor krank wurde,
schenkten uns die Eltern diese Reise. Ich hatte zum Glück noch
Semesterferien und Gernot konnte von seinem Betrieb Urlaub haben.
Papa bemerkte allen Ernstes: "Vielleicht könnt ihr euch vor Ort um
zwei Einzelzimmer kümmern." Ein bisschen hatte ich ihn Verdacht,
dass er das nur zu seiner Selbstberuhigung sagte. Schliesslich war
er selbst kein Musterknabe gewesen. Ich war beinahe einundzwanzig
und der zwanzigste Hochzeitstag der Eltern stand erst kurz bevor.
Als der Flieger vom Boden abhob, erfüllte mich nicht nur ein
bisschen Flugangst, sondern auch ein wahnsinniges Glücksgefühl. Bis
zu dieser Minute hatte ich immer das Gefühl gehabt, es konnte noch
etwas dazwischenkommen. Zwei Wochen mit diesem Mann in einem
Apartment! Den Gedanken konnte ich noch gar nicht bis zu Ende
denken.
Als wir in der Ferienanlage ankamen, waren wir hellauf begeistert.
Man gab uns tatsächlich ein hübsches Apartment mit kombinierten
Wohnraum und Küche, einer kleinen Diele, Bad selbstverständlich und
das Schlafzimmer. "Na bitte", rief Gernot, "wir brauchen uns gar
nicht um zwei Einzelzimmer kümmern. Du kannst im Schlafzimmer
schlafen und ich im Wohnzimmer auf der Couch."
Ganz dicht trat ich auf ihn zu und knurrte im Scherz: "Wenn du etwas
hier auch nur Petting willst, suche ich mir für die Nächte einen
flotten Portugiesen."
Mit Entsetzen registrierte ich Gernots Blick. Ich wechselte sofort
das Thema. Ich hängte mich an seinen Arm und rief ausgelassen:
"Komm, lass uns erst mal das Städtchen und vor allem den Strand in
Besitz nehmen."
Beim Einkauf im Supermarkt hatte ich gar nicht recht darauf
geachtet, was Gernot alles in den Korb packte. Wir brauchten sowieso
eine Menge, weil wir uns zum Frühstück und abends selbst versorgen
wollten.
Gegen Abend kamen wir so verschwitzt von unserer Inspektions- und
Einkaufrunde, dass ich sofort unter die Dusche sprang. Oh, wie hatte
ich darauf gehofft, Gernot sollte es vor Neugier ins Bad treiben.
Schade! Er kam nicht.
Lange rang ich mit mir, ob ich nach der Dusche wieder in Klamotten
schlüpfen oder einfach nur das Badetuch über die Brüste verknoten
sollte. Schliesslich entschloss ich mich, brav in ein Kleidchen zu
steigen.
Im Wohnzimmer war ich perplex. Draussen stand noch die Abendsonne am
Himmel, aber Gernot hatte die Jalousie heruntergelassen. Im Zimmer
strahlten an die zwanzig Kerzen. Sechs davon schmückten die kleine
festliche Tafel, die er in Windeseile für uns gedeckt hatte. Es war
zwar nur ein kalter Menü, dafür aber mit Kaviar und Sekt. Gernots
Augen strahlten wie bei Kindern vor dem Weihnachtsbaum. Mir war
augenblicklich ganz feierlich zumute. Ganz Kavalier, rückte er mir
einen Sessel zurecht. Mit Sekt stiessen wir auf unseren Urlaub an.
"Und auf unsere vorgezogene Hochzeitsnacht", sagte er mit kratziger
Stimme und stiess noch einmal mit mir an.
Mir wurde ganz anders. Der Ton, in dem er das gesagt hatte! Ich
wusste an diesem Abend nicht, was ich ass. Meine Augen waren mehr
bei ihm, die Gefühle ganz tief im Leib und die Ohren bei der leisen
Kuschelmusik. Wir waren in eine eigenartige, fast beklemmte Stimmung
geraten.
Endlich brach Gernot den Bann. Er kniete vor meinen Sessel nieder.
Ich glaubte, einen ganz anderen Mann vor mir zu haben. Seine Lippen
huschten an meinen Schenkeln aufwärts. Das Kleidchen schob er ohne
Umstände nach oben. Dann drückte er seinen Kopf sehnsüchtig in
meinen Schoss. Stocksteif war ich, als er mir den Slip über Schenkel
und Füsse zog. Ganz weit holte er meinen Po bis auf die vorderste
Kante. Ich schrie aufgeregt seinen Namen und verkrallte mich in
seinen Schopf. Er war nicht mehr zu bremsen. Mit hunderten Küssen
bewies er mir seine grosse Liebe. Mir war, als sollte mir jeden
Augenblick das Bewusstsein schwinden. Das Zittern meines Leibes und
mein genüssliches Knurren spornte Gernot noch mehr an.
Als er sich von meinem Schoss trennte, spürte ich seine Verlegenheit
und Unentschlossenheit. Ich ahnte warum. Bei seinem Ansatz, meinen
Mund zu küssen, war er steckengeblieben. Ich schlag meine Arme um
ihn und küsste den von mir noch feuchten Mund.
Wie in Trance rissen wir uns beinahe gegenseitig die Sachen vom
Leib. Ich fühlte mich richtig ausgeliefert, als ich splitternackt
vor ihm stand und er alles mit Küssen bedeckte, was er gerade
euphorisch bewunderte.
Wie eine zerbrechliche Statue trug er mich auf die Couch. Mir war
richtig ein bisschen feierlich, wie er mich ausstreckte, ein dickes
Kissen unter den Popo schob und meine Beine auseinander nahm.
Wie war ich ihm dankbar, dass er mir eine zauberhafte Ouvertüre
geschenkt hatte. Es war nur ein winziger Schmerz, der mich zur Frau
machte. Dann war ich nur noch selig. Ich lag da und war mit den
Gedanken nur in meinem Leib. Ich glaube, ich hab ihm wirklich alles
allein überlassen.
Ein bisschen enttäuscht war ich, wie schnell er sich zurückzog. Wir
waren ja auch leichtsinnig. Nicht einmal ein Kondom hatten wir
dabei. Endlich konnte ich nach seinem guten Stück greifen und
beweisen, dass ich auch ein wenig von Mann verstand. Zu meinen
schnellen Faustschlägen schrie er auf und fiel einfach auf meinen
Bauch.
Glücklich und entspannt lagen wir nebeneinander. Ich fragte
scheinheilig: "Und warum doch schon heute?"
"Wolltest du es nicht auch?"
"Ja, und wie ich es will", knurrte ich verrucht. Rasch hatte ich ihn
mit Händen und Lippen wieder in Hochstimmung gebracht. In der
zweiten Runde war er fabelhaft ausdauernd. Irgendwann kam ein
Moment, bei dem ich einfach Filmriss hatte. Sekunden der Erinnerung
müssen mir noch immer fehlen. Ich merkte nur noch, wie mir Kopf und
Bauch ganz hohl wurden und dann erst wieder seine leichten Schläge
auf meine Wange.
Später tauschten wir uns aus, wie lange wir unser gegenseitiges
Aufsparen schon bereut hatten. Von Gernot erfuhr ich noch, dass er
sich die erste Nacht gerade so vorgestellt hatte, wie sie am ersten
Abend in der Algarve gelaufen war. Er wollte das erste Mal weder in
der Wohnung meiner Eltern, noch in der seiner Eltern und gleich gar
nicht auf der Parkbank. Und ich war ihm dankbar dafür. An meinem
ersten Mal wird in meiner Erinnerung niemals der geringste Makel
sein.
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