Gummifrust
Schon auf dem Weg zur Arbeit verfluchte ich den Tag. Wie gern
ging ich stets zur Arbeit. Die letzten drei Tage waren die reinste
Marter. Den ganzen Tag sassen wir uns an unseren Computern
gegenüber. Kein Wort hat Paul in dieser Zeit geredet. War ich
wirklich zu zickig? Freilich, verstehen konnte ich ihn schon,
schliesslich war er mir auch nicht einerlei.
Herrliche Spaziergänge hatten wir schon gemeinsam unternommen, Kino,
Disco, hunderte Aufmerksamkeiten während der Arbeitszeit! Wir hatten
uns oft und gern geküsst. Eine wundervolle Zeit über mehr als vier
Wochen. Zuletzt gestattete ich ihm auch zu seinen Küssen Petting.
Aber zu mehr war ich einfach nicht bereit. Seine letzten Worte
klangen mir noch nach: "Du bist zweiundzwanzig, der erste Mann in
deinem Leben bin ich auch nicht...und sperrst dich wie die Zicke am
Strick!"
Warum war ich nur zu feige, ihm offen meine Meinung zu sagen? Ja, er
war nicht der erste Mann in meinem Leben. Aber gerade der erste hat
mir physisch und psychisch so zu schaffen gemacht. Ich wusste, dass
ich für ihn die erste Frau in seinem Leben war. Deshalb hatte ich
überhaupt kein Verständnis für seine übersteigerte Angst vor einer
HIV-Infektion. Auf meine Frage, ob er noch zu anderen Frauen ging
oder mir Seitensprünge zutraute, bekam ich nie eine Antwort.
Jedenfalls konnte ich ihn nicht mehr ertragen, den Latex als
ständigen Begleiter während unserer schönsten Stunden. Wenn ich
zugriff, spürte ich Latex, wenn ich zuschnappte, fühlten meine
Lippen die nervtötende Hülle, schmeckte mitunter den blöden
Erdbeere-, Vanille- oder Bananengeschmack. Mir war in solchen
Situationen nicht nach Früchten. Ich wollte den Duft des Mannes, das
Gefühl weicher, warmer Haut. Wenn er sich in mir versenkte, wieder
der Gummi. Sicher habe ich den gar nicht lange gespürt, aber in
Gedanken immer! Es kam zum Bruch und seit dieser Zeit nahm ich viel
lieber mit meinen eigenen Händen vorlieb.
Ja, und nun Paul. Ich mochte ihn und wäre so gerne ganz weich in
seinen Armen geworden. Aber da war der Horrorgedanke, er würde sich
auch sofort einen Gummi überstreifen. Schliesslich waren die Medien
voller Aufforderungen zur Vorsorge.
An dem Tag, der mir schon auf dem Arbeitsweg zuwider war, fasste ich
mir ein Herz und mogelte in Pauls Papierstapel einen Artikel, in dem
eine Journalistin jungen Paaren den AIDS-Test empfahl. Schon nach
zwei Stunden jubelte ich. Per PC, über unseren Rechnerverbund,
schickte mir Paul ein Mail. Hell lachte ich heraus, freute mich über
seinen warmen, offenen Blick, quer über unsere Schreibtische hinweg.
Die Nachricht war ein kleines Formular mit seinem Namen und dem
Ergebnis: HIV-negativ.
Er hatte mich also schon vor mehreren Tagen verstanden, mein Reden
um drei Ecken herum begriffen. Nun war es mir peinlich, dass ich ihm
diese Zeitschrift untergejubelt hatte. Ich muss knallrot gewesen
sein, als ich ihm zurief: "Kommst du mich am Samstagabend besuchen?
Ich freue mich wahnsinnig darauf."
Der letzte Satz sollte und konnte keinen Zweifel lassen, was ich ihm
vorbehaltlos versprach. Meine wilden Gedankensprünge öffneten binnen
weniger Minuten ein paar Ventile und liessen die Hormone sprudeln.
Sicher hätte mein Boss in dieser Situation nichts dagegen gehabt,
dass ich ihm fünf, na ja, zehn Minuten Arbeitszeit stahl. Ich
huschte um die Schreibtische herum. Paul fing mich mit seinen Armen
auf, zu einem Kuss, der alles hatte, Jubel, Dank, Versprechen und
natürlich heisse Liebe, brennende Sehnsucht. Beinahe hätte er mich
danach überredet, seinen Besuch noch am gleichen Abend zu machen.
Sollte ich meinen Leib fragen? Der hätte ja geschrieen. Ich blieb
mit dem Verstand beim Samstag, weil ich die drei Tage bis dahin
brauchte.
Übermütig bereitete ich seinen Besuch vor. Natürlich hatte ich für
das Erste Mal delikate Speisen und Getränke besorgt. Schliesslich
wusste ich, wie gross mein Hunger danach oder zwischendurch sein
konnte.
Vor die Couch meiner hübschen Einzimmerwohnung stellte ich einen
alten Notenständer, an dem ich meinen eigenen AIDS-Test befestigte.
Über den Schultern hatte ich nur mein süsses gelbes Negligé. Der
Clou für ihn sollte erst kommen, wenn er es rauben würde. Für mein
Schamhaar hatte ich eine Krone gebastelt, darauf stand in
Goldbuchstaben: Herzlich willkommen.
Ich kannte seinen Schritt, hörte ihn die Treppe heraufsteigen. Lang
ausgestreckt auf der Couch, liess ich das eine Ende der duftigen
Hülle beinahe unverschämt herabrutschen. Zu seinem Klopfen rief ich
nur einfach: "Herein!" Genauso sass sein Blick in meiner
Vorstellung, Sprachlosigkeit, Freude und eine unbändige Lust.
Minuten später signalisierten wir uns gegenseitig das Herzlich
Willkommen; ich mit der Goldschrift im Haar und er mit wippender
Rute. Ich jubelte, durfte endlich die samtene, geschmeidige Haut
tasten, sie nach Herzenslust walken und schieben. Ich sprang auf. In
meiner Verzückung liess den pochenden Knorpel überall meinen Körper
schmeicheln. Wir zitterten beide vor Begierde. Meine war grösser.
Von seinem Mund abwärts, küsste ich mich über die Brust, den Nabel,
hin zum lockenden Köpfchen. Oh, hatte der Mann sich gut auf diesen
Besuch vorbereitet. Sein Schoss duftete noch verführerischer als
Kopf und Brust. Er griff sich vor Aufregung in die Hüften und schob
mir seinen Leib entgegen, als ich meinen Appetit zu stillen begann.
Mit dem heissen Flötensolo trieb ich mich selbst in Ekstase. Ich
genierte mich nicht, eine Hand unter die dunklen Wuscheln
verschwinden zu lassen, der noch immer das goldene Kränzchen trug.
Frech streckte ich ihm ganz weit die Zunge heraus, ergötzte mich
daran, wie das blitzblanke Köpfchen darauf rieb und sich sichtlich
wohlfühlte. Immer wieder jubelte ich, weil ich es ohne Latex
geniessen durfte. Ich lispelte ihm auch zwischendurch zu: "Hättest
du noch vor einer Woche so eine Nahkampfsocke übergezogen?"
Ehrlich gab er es zu, betonte, dass man es einer Frau doch gar nicht
anders zumuten kann.
Ich griff zu meinem Test-Papier, küsste es und triumphierte: "Es sei
denn, man entscheidet sich für den Test...und ist sich einig, auch
bedingungslos treu zu sein."
Ich spürte die Ruhe vor dem Sturm, sah, wie der ganze Mann steif
wurde. Fest schauten wir uns in die Augen, voller Verwunderung! Ich
konnte seinem Blick nicht standhalten. Die Ohren sausten mir. Wild
schüttelte ich meinen Kopf, als wollte ich den ganzen kleinen Kerl
verschlingen.
"Schön soll man davon werden", raunte ich irritiert, als wir uns
wieder ansahen.
Wie eine kostbare Statue streckte mich Paul auf der Couch aus, holte
das goldene Kränzchen mit den Zähnen aus der Befestigung in den
Löckchen und bewies nun seinerseits einen mächtigen Appetit. Ich
zitterte meinen Leib von einem Gang zum anderen. Beim Dessert
protestierte ich vorsichtig. Er war wundervoll, hatte aber leider
keine Ahnung, wie sehr ich mich während seiner berauschenden Küsse
und kunstvollen Zungenspiele nach IHM, nach purer Natur sehnte.
Vielleicht hatte ich mich ja auch nur zu sehr in solche Gedanken
hineingesteigert. Jedenfalls bemitleidete ich alle, die auf einen
geschützten Verkehr nicht verzichten können und beneidete die Paare,
die in Gewissheit gegenseitiger Treue, so miteinander umgehen
können, wie sie der Liebe Gott geschaffen hat, die alle Reize
geniessen können, die er ihnen mit auf ihren Lebensweg gab.
Unbeschreiblich schön war es, als er endlich kam, als er sich erst
ein Weilchen durch die heisse Feuchte schlich, immer wieder die Klit
stiess und schliesslich mit beiden Daumen das Pförtchen öffnete und
sich einschlich. Dieses Schleichen nackter, samtener Haut, fuhr mir
bis ins Hirn. Das öffnete umgehend alle Schleusen. Wir waren lange
von der ersten Neugier, vom ersten Druck befreit. Er nahm mich so
zärtlich, so liebevoll und verhalten. Ich wusste mitunter nicht, war
ich gerade wieder gekommen, oder würde ich jeden Moment einen neuen
Orgasmus haben. Oh, und die heisse Füllung hatte ich noch niemals
erlebt.
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