Bläser-Duett
Cornelia schaut fragend auf den jungen Mann vor ihrer Haustür. Er
streicht verlegen über seinen Instrumentenkasten und erklärt: "Ich
bin die Klarinette!"
Sie kann sich ein Lächeln nicht verkneifen, fragt aber nach: "Ich
hatte eigentlich eine Frau als Untermieterin erwartet. Man sagte mir
vom Konzerthaus, Marion Fuchs..."
"Pardon, ich heisse Mario Fuchs. Ist es Ihnen nicht recht?"
"Unsinn", entscheidet Cornelia, "Klarinette ist Klarinette."
So dumm ist der Satz gar nicht, obwohl er ihr nur herausrutschte,
weil sie selbst Flöte spielt und bei der Ankündigung eines Mieters
an gemeinsames Musizieren dachte. Jetzt schweifen ihre Gedanken bei
der Erscheinung dieses Mannes mehr zu einem anderen Instrument. Mit
dem allein unter einem Dach, denkt sie?! Erschreckt reisst sie die
Tür weiter auf und reicht dem Mann so fest die Hand, dass es schon
wie ein Mietvertrag ist. Das Flackern in ihren Augen entging ihm
nicht. Im Hinblick auf seine bescheidenen Einnahmen ist er sich fast
sicher, dass er hier sehr bald in Kost und Logis sein wird. Denk
nicht nur immer an den Magen, schilt er sich, schau dir das
Fahrgestell an, den Busen, die sinnlichen Lippen und das Ideal eines
Frauenpos.
Lieb ist es ihm nicht, aber Cornelia legt grossen Wert darauf, dass
sie noch am selben Nachmittag eine Probe zu zweit ablegen. Als Mario
seine drei Sachen in die Kästen der Kommode verstaut hat, ist es ihm
ganz recht, dass sie ihn erwartet. Einen Moment muss er noch warten.
Die intensiven Gedanken an die schöne Hausbesitzerin hat seine Hose
unanständig ausgebeult. Wer will schon gleich mit der Tür ins Haus
fallen!?
Oh, ihm schmerzen ein wenig die Ohren von den Dissonanzen der Flöte.
Er hält einfach ein. Cornelia flötet weiter, in der Hoffnung, dass
die Klarinette wieder einsetzt. Nichts! "Was ist?" will sie wissen.
Der begabte Musiker mag sich sein neues Quartier nicht sofort wieder
verscherzen. Er spricht nicht von ihren Misstönen. Es ist mehr als
zweideutig, was er mit einem Grinsen sagt: "Entschuldigung! Ich hab
da so einen Komplex. Ich kann keiner Flötistin auf den Mund schauen.
Genauso geht es mir, wenn eine schöne Frau eine Banane isst."
"Aber Herr Fuchs!"
Cornelia ist gar nicht böse über die frivole Anspielung. Das zeigt
sie auch, indem sie sein Angebot annimmt, ihn per Vornamen
anzureden. Sie bietet es ihm auch an.
Der Teufel muss sie reiten, als sie vor sich hinbrummt: "Eine
empfindsame Frau könnte ja bei der Klarinette auch auf
abenteuerlichste Gedanken kommen. Also, schauen wir anderswo hin."
Sie sieht abwärts in seine Richtung, sucht sich nach einem gedehnten
'Oh' schliesslich einen anderen Fixpunkt. Auf seine 'schamlosen'
Gefühle kann sie gleich gar nicht schauen. Nun bleibt sie mitten im
Stück hängen. Ihr Mund ist trocken, die Lippen und die Zunge tun
nicht mehr, was sie sollen. Was er sagte und was sie dachte, hat
regelrechte Gedankenstürme in Bewegung gesetzt. Sie ziehen vom Kopf
abwärts, öffnen wohl in ihrem Lauf auch ein paar Hähnchen der
Hormonleitungen.
Cornelia setzt sich an den Flügel und schlägt eine zärtliche Melodie
an. Sieh an, dazu setzt die Klarinette einfühlsam ein. Der Musikus
kommt auf sie zu, hinter ihren Rücken, und entlockt seinem
Instrument zarteste Töne. Wie eine Liebeserklärung ist es ihr.
Wieder bricht er ab und wird gefragt, ob er etwa auch keiner
Pianistin zuschauen kann.
"Nicht, wenn sie in so einem Hauch von Kleidchen vor mir sitzt und
durch ihr Spiel ihren ganzen Körper mitschwingen lässt."
Es ist vorbei mit dem Musizieren. Cornelia bittet zum Tee. Das gibt
den beiden Gelegenheit, wichtige Dinge zu erfahren. Er ist
Hochschulabsolvent, vor seinem ersten Engagement und ungebunden. Sie
lebt von den Schecks ihres Ehemaligen das triste Leben manch
geschiedener Frau. In Mario schlagen alle Glocken an, als sie davon
recht deprimiert erzählt. Er provoziert, kommt noch einmal auf die
Anzüglichkeiten zu den Instrumenten zurück, will naiv wissen, was
denn eine Frau für Gedanken haben kann, wenn ein Mann Klarinette
spielt.
Cornelia jubiliert innerlich über die angebotene Brücke und
antwortet sehr gedehnt und überlegt: "Na ja, es sollte natürlich ein
erfahrener Mann sein..." Sie spürt, dass ihr das Blut ins Gesicht
schiesst. Er auch. Der Mann greift nach ihrer Hand, küsst sie und
bedankt sich für die Einladung zum Tee. Ihr Zittern macht ihn
mutiger. Er küsst sich am Arm aufwärts bis zum Spaghetti des
Sommerfähnchens. Ihr Versuch, ihn abzuhalten, ist nichts als
traditionelles Ziergehabe. Gegen seine Lippen auf ihrem Mund hat sie
gar nichts mehr und auch nicht, dass seine Zunge das Geschick zeigt,
was sie beim Musizieren braucht.
Bald schon erfahren ihre sprechend steifen Brustwarzen die gleiche
Virtuosität. Cornelia ist verloren. Ihre Hand drückt seinen Kopf so
fest, dass er nicht mal auf die andere Seite huschen kann, um auch
dort die stattliche Warze als Instrumentenmundstück zu verfremden.
Sie steht vor ihm, nur noch in ihrem süssen Slip. Sie geniesst die
Klarinette und seine walkenden Hände an ihren Brüsten. Dabei ist sie
bemüht, auch ihm die Sachen abzuringen. Wie gefesselt kommt er sich
vor. Die Hosenbeine hängen auf den Füssen und sein Slip spannt auf
den Schenkeln.
"Sei ehrlich, Schuft", raunt sie, "du hast wegen der Misstöne
aufgehört zu spielen. Ich werde dir beweisen, dass ich perfekt bin!"
Schon liegt sie auf den Knien und bringt Mario die höchsten
Flötentöne bei. Er wusste noch gar nicht, wie intensiv eine
Flötistin mit ihren Lippen das Mundstück traktiert und welche Rolle
die Zunge bei jedem einzelnen Ton spielt. Er zappelt in seiner
Gefangenschaft durch die dummen Hosen. Zwischen seinem Stöhnen
knurrt er: "Wolltest du nicht ein Duett?" Cornelia schaut mit ihren
dunklen Augen zu ihm auf. "Wenn du mit dem winzigen Instrument
umzugehen verstehst!?" sagt sie lockend und wundert sich selbst, wie
deutlich sie ihr Begehren ausdrückt. Irritiert schaut er scheinbar
nach einem passenden Konzertsaal aus. Cornelia stürmt durch eine
Tür. Er sieht, wie sie temperamentvoll ihr Bettzeug einfach auf den
Boden schiebt und sich verführerisch ausbreitet. Wieder gibt es erst
ein Solo. Der aufgeputschte Mann findet mit nachtwandlerischer
Sicherheit ihr niedliches Mundstück zwischen den weiten Schenkeln.
Glückselig zieht Cornelia ihre Beine ganz dich an die Brust. Sie
weiss, dass der Solist bei der herrlichen Etüde frei atmen können
muss. Oh ja, die Finger des Klarinettisten sind natürlich genauso
beweglich, wie seine Lippen. Sie huschen über die lange Tastatur
wahnsinnig empfindlicher Punkte, durch pralle Höhen und saftigen
Tiefen, strüppen durch die Büsche und verirren sich zuweilen in
Abgründe. Abermals kommen von ihr die Dissonanzen durch
unkontrollierte Schreie und Aufmunterungen. Diesmal stört es ihn
nicht. Es ist ihm wie der Taktstock des Dirigenten. Geschickt hält
er das Miniinstrument zwischen Daumen und Zeigefinger in freudige
Bereitschaft. Nein, so wie er sich festsaugt, würde seiner
Klarinette kein Ton entweichen und auch nicht, wie seine Zunge dazu
zwirbelt.
Endlich kommen sie zu ihrem Duett. Mario holt sich die Flöte über
seinen Kopf, genauso, dass sie sofort zuschnappen und in seinen
Rhythmus einfallen kann. Umständlich durchstöbert er mit steifer
Zunge den erwartungsfrohen Grund. Erst als ihm jeder Winkel vertraut
ist, und er ihr sehnsüchtiges Zittern spürt, schnappen seine Lippen
nach dem niedlichen Mundstück. Die ersten Töne sind nur zur
Einstimmung, zum Warmmachen. Dann erst vernimmt Cornelia die
traumhafte Melodie. Die spielt dieser Mann nicht zum ersten Mal. Sie
ist von einer solchen Perfektion, dass sie selbst vergessen hat,
einzustimmen.
Nun will sie ihre Misstöne wettmachen, will ihm ihr Können beweisen,
ihn aufschwingen lassen. Sie muss nicht mehr in Symbolik denken. Es
ist keine Flöte oder Klarinette mehr, womit die Gedanken spielen.
Die Augen erfreuen sich an dem wippenden Mast mit der aufregenden,
appetitlichen Eichel. Ganz sanft kreist sie um den Kranz. Oh, der
Aufgeregte zuckt sich immer wieder davon, scheint dem Reiz
entfliehen zu wollen, oder will er sich ihm entgegenwerfen. Sie
fängt ihn ein, den unruhigen Geist, macht ihn aber nur noch
zappeliger, weil sie fleissig stösst, was die Lippen andauernd
massieren. Endlich haben sich die Instrumente aufeinander
eingestimmt. Das ganze Repertoire gehen sie durch, von der Romanze
über den Kuschelrock bis zum Hartrock. Claudia entzieht sich in
höchsten Nöten, rutscht ein ganzes Ende abwärts und schiebt das
temperierte Futteral in einem Zuge über die Klarinette. Sie bleibt
bei den Bildern und schreit: "Und jetzt die Teufelsgeige!" Der
kleine Mario macht sich in ihr noch ein bisschen länger und breiter.
Der knackige Po vor seinen Augen und die Wahnsinnsbilder, wie er in
den Busch huscht, der mit funkelnden Perlen besetzt ist, wie die
zartbraunen Lippen sich festsaugen, das ist Zucker für seinen Affen.
Claudia kann wieder durchatmen. Sie lässt ihre Finger sehnsüchtig
durch die Locken um den Ruhebedürftigen herumhuschen und haucht:
"Neben dem Frühstück ist vielleicht manchmal auch ein Nachtmahl im
Zimmerpreis enthalten...Ein Musiker muss sich doch nach dem
Abendkonzert stärken."
Mario fühlt sich fast schon zu Hause.
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