Besessener Sammler
Wochenlang verfolgte Brown den Mann, der ihm vor der Nase das
Gemälde weggesteigert hatte. Sein Sammlerherz liess keine Ruhe,
konnte die einzige Lücke in der Reihe der fünfzehn Werke nicht
verwinden. Endlich hatte er Sicherheit; das Bild war im Besitz von
Lady Springfield. Die bekam er auf einer Vernissage zu Gesicht und
nach einer ellenlangen, sachverständigen Debatte zu Werken des
ausstellenden modernen Künstlers, auch eine Einladung zum
Fünfuhrtee. Als es so weit war, rutschte er in der Runde von zwölf
Ladys und Gentleman unruhig auf seinem kostbaren Stilmöbel hin und
her. Der Drang, endlich einen Blick auf das Gemälde tun zu dürfen,
hielt ihn ab, sich am oberflächlichen Geplapper, am Klatsch über die
Londoner Oberschicht zu beteiligen. Waren es seine schmachtenden
Blicke zur Gastgeberin, seine Zurückhaltung, vielleicht sogar die
Schüchternheit? Jedenfalls war er bei der nächsten teatime der
einzige Gast.
Nur mühsam konnte er seinen Wunsch zurückhalten, das Bild zu
betrachten, und sie kam leider nicht von sich aus zu einem
entsprechenden Angebot. Diesmal ging es wohl ihr so, dass sie seinen
sehr theoretischen Kunstbetrachtungen nicht folgen konnte. Es war
sowieso eine merkwürdige Situation. Schon, dass sie ihn persönlich
an der Tür empfing und bei Tisch auch versorgte, liess darauf
schliessen, dass der dienstbare Geist nicht zur Stelle war. Und ihr
nervöses Schwatzen, begleitet von fahrigen Gesten, passte eigentlich
auch nicht zu ihr. Über Rubens und seine fülligen Frauen schlich
sich das Gespräch zum Thema Erotik in der Kunst. Brown verblüffte,
welch ungewöhnlich derbe Worte die Lady gebrauchen konnte, und wie
ihre Wangen zu glühen begannen. Er war erfahren genug, die
Zweisamkeit war nicht zufällig. Mit einem Mal schwelgten sie im
angerissenen Thema. Brown entschloss sich, die Gunst der Stunde zu
nutzen. Unauffällig tröpfelte er eine reichliche Dosierung aus einem
Fläschchen in ihren Tee und schluckte selbst zwei der
geheimnisvollen Kapseln.
Die Tropfen mussten eine rasche Wirkung haben. In wenigen Minuten
wurde aus der Lady der Ausbund weiblicher Verführung. Ihre Stimme
schnappte nahezu über, als sie anbot, ihre ganz geheime
Kunstsammlung zu zeigen. Der Mann jubelte, war beinahe enttäuscht,
als er sich in einem Kabinett fand, das ausschliesslich mit
erotischer Kunst dekoriert war. Viele alte Arbeiten aus der
Viktorianischen Zeit, auf denen Männchen und Weibchen alles
miteinander taten, was Menschen heute für abartigen Sex der
Gegenwart halten. Ladys Wangen glühten noch stärker, erst recht, als
Brown die Ecke ansteuerte, wo offensichtlich billige Kopien von
Peter Fendi aufgereiht waren. Diesem Maler bereitete es schon vor
zweihundert Jahren Vergnügen, die Freudenspender der Herren in
gewaltigen Dimensionen darzustellen und die Mäuschen der Damen
frech, aber sehr aufregend zu überzeichnen.
Brown war sich sicher, ohne die Zaubertropfen hätte ihn die vornehme
Lady nie in diesen Raum geführt. Da spürte er auch schon ihren
festen, sehnsüchtigen Griff zu seiner Hand. Er hielt sie, gab
zitternd den Druck zurück, hielt sie immer noch, als sich die Lippen
gierig balgten, sie sich seine freie Hand ohne Umstände an den Busen
holte. Unter dem nicht enden wollenden Gerangel der Zungen riss Lady
das Hemd des Mannes auf und vergrub ihre Finger in der lockenden
Wolle der muskulösen Brust. Noch einmal riss sie, und zwar an ihrer
Bluse und lockte mit den drallen Bällen, die von den Halbschalen bis
knapp über die Warzen bedeckt wurden. Die Hälfte der grossen Monde
lag einladend frei. Ein wunderschöner Kontrast zum Hauch weisser
Spitze. Brown bewunderte: "Mein Gott, dein Busen wäre gut genug für
Rubens und auch für Fendi." Es war keine Übertreibung, denn als der
Verschluss aufsprang, nickten die Prachtstücke nur eine Idee nach
unten. Dafür schienen sich die feuerroten Knospen mehr und mehr zu
strecken, den ersten zarten Biss, den ersten Kuss zu erwarten. Sie
machte keinen Hehl daraus, holte sich seinen Kopf so, dass er in dem
tiefen Busen nach Luft schnappte.
Keine fünf Minuten, und sie hatten sich vor den aufregenden Bildern
alter Meister der erotischen Kunst den letzten Fetzen von den
Leibern gerungen. Sie suchte ein Kompliment zurückzugeben,
erkundigte sich, ob er mit seiner ansehnlichen Ausstattung etwa auch
bei Fendi Modell gestanden hatte.
"Komm", flötete sie und zog ihn liebevoll an seinem pochenden
Knorpel ins Bad. Den liess sie auch unter den warmen Strahlen der
Dusche nicht los, benutzte ihn fast wie eine Wurzelbürste, um ja ihr
Kätzchen für den ersten Besuch recht reinlich zu schrubben. Wie ein
Pascha ergab sich Brown in sein aufregendes Schicksal. Dass sie es
übertrieb, erschreckte ihn zwar, aber im Vertrauen auf seine
mehrmals erprobten Kapseln durfte er sicher sein, sein Magazin würde
für eine ganze Nacht reichen. Lady konnte über die weissen Bahnen
nur lachen, die von den Wasserstrahlen über die Schenkel gespült
wurden. Mit einem fragenden und lockenden Blick drehte sie die
Dusche ab, liess sich auf die Knie nieder, um den schmucken Jungen
ja nicht aus der Stimmung kommen zu lassen. Glücklicherweise bezwang
sie rechtzeitig ihren Appetit. Sie liess sich mit den Beinen um die
Hüften des Mannes und der strammen Wohltat zwischen den ihren ins
Schlafzimmer tragen.
"Bist du wahnsinnig", schrie sie entsetzt, als er mit ihr am
hellerleuchteten Fenster vorbeistakte. Sie angelte zur Schnur und
liess die Jalousie herabrollen. Zu spät, denn von der dunklen
Strasse war ein verabredetes Zeichen bereits wahrgenommen worden.
Die Vierzigerin fühlte sich weit in ihre jungen Jahre
zurückversetzt. Bei den Verführungskünsten des Mannes tat sie für
lange Minuten nichts, als sich erwartungsvoll auszustrecken und jede
Berührung seiner Lippen vom Hals bis zu den Füssen zu geniessen. Sie
schwamm dahin, wie seit Jahren nicht. Ihr "komm!" war kaum hörbar,
doch Ausdruck einer wahnsinnigen Sehnsucht. Ihre Schreie bei seinem
unbändigen Eindringen konnten weder Hausbewohner noch Nachbarn
stören. Sie waren beide allein im Haus, die nächste Villa mehr als
zweihundert Meter entfernt. Die Kapseln zahlten sich für Browns Plan
voll aus. Er stiess die lüsterne Lady bis in die Morgenstunden. In
den notwendigen Pausen erinnerte er sich stets seiner geübten Zunge
und der Extremitäten. Zeit also genug für den Kumpanen, seinen
Auftrag zu erfüllen, und laut genug ging es auch oft zu, dass der
nicht einmal besondere Vorsicht walten lassen musste.
Beim nächsten Fünfuhrtee rang sich Brown auch eine Träne ab, als
Lady Springfield von dem frechen Einbruch und dem unschätzbaren
Verlust des wertvollen Gemäldes sprach. Nicht die Spur eines
Verdachtes klang aus ihren Worten. Nur hatte Brown zur Tröstung noch
einmal seine Kapseln nötig, um sich durch mässige Leistung nicht
selbst verdächtig zu machen.
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